Predigtgedanken 04.12.2011
04. Dez `11
2. Adventsonntag
(B)
Nachfolge Jesu: In der Spur Gottes laufen
(Martin Stewen 2011)
Last und der Lust der Nachfolge
Vorgänger haben Hochkonjunktur. Etwa: In Griechenland, in Italien und nun auch in Spanien dürfen sich Politiker in leitender Verantwortung mit den Scherben herumschlagen, die ihre Vorgänger produziert haben. Und derer gibt es reichlich. Die Vorgänger haben sich versucht - und bei einigen darf man ja durchaus feststellen: Sie haben ihr Bestes gegeben - wenn auch nicht immer erfolgreich. Ob ihren Nachfolgern jetzt mehr Glück beschieden ist, wird sich weisen. Aber nicht nur in der Politik, auch in der Wirtschaft und in der Kirche erleben Verantwortliche, dass sie sich mit dem Erbe ihrer Vorgänger und Vorgängerinnen auseinander setzen müssen.
In die Fußstapfen anderer zu treten, ist immer ein heikles Geschäft: entweder wird man an den Erfolgen der Vorgänger gemessen oder es wird erwartet, dass man deren Schlappen ausbügelt. Nachfolger, die ihr eigenes Profil entwickeln, müssen das immer in Auseinandersetzung mit den Taten ihrer Vorgänger tun.
Vom Vorgänger Johannes
Im Evangelium heute ist von einem Vorgänger die Rede, bei dem es - zumindest in der Darstellung des Evangeliums - ganz anders ist: Johannes ist der Vorläufer, der wie eine Lampe seinen Lichtstrahl auf den Nachfolger wirft, um den es aber immer zuerst in der Verkündigung des Evangeliums geht. Am Jordan ist es die Aufgabe des Täufers, den Gottessohn anzukündigen und den Menschen deutlich zu machen, dass sich das Wirken des Johannes noch zuspitzen wird: Johannes ruft auf zur Umkehr und verkündet Heil, Jesus ist selber personifiziertes Heil Gottes. Die Wirkung des Vorläufers wird also gemessen am Wirken des Nachfolgers. Wenn Gott Heilstaten vollbringt, werden anscheinend übliche Logiken ausgehebelt.
Erbe verpflichtet
Dennoch wird eines deutlich sichtbar: Das Heilswirken Gottes in dem Gottesssohn und Mann aus Nazareth ist nicht ein einzelnes Geschehen, das einmalig passiert ist wie der Stern über der Krippe in Bethlehem. Gott hat einen Plan mit seiner Schöpfung. Und dieser Plan ist zum Moment der Geburt Jesu schon so alt wie die Schöpfung selbst. Und in diesem Plan Gottes gibt es Zeiten und Momente, die alle ihre ganz eigene Gestalt haben. Oder vielmehr: ihre ganz eigenen Gestalten vorweisen. Vor dem Auftreten des Gottessohnes ist es der Täufer, der am Jordan auf seine ganz eigene Weise die Menschen Heil Gottes erfahren lässt. Und vor dem Täufer sind es wieder andere. Wir denken etwa an Elisabeth, die Verwandte Mariens. Sie hatte schon angesichts der schwangeren Gottesmutter eine tiefgehende Ahnung dafür, was da passiert. Wir denken an die Gottesmutter selbst, die der Evangelist Lukas im Magnificat eindrücklich und tiefgehend das Heil Gottes besingen lässt. Wir denken weiter zurück an die Stammväter und -mütter und die Propheten des alten Volkes Israel, die auf ihre Weisen und zu ihren Zeiten Gottes Plan mit seiner Schöpfung haben Wirklichkeit werden lassen.
"Bist du aber Kind, dann auch Erbe” (Gal 4,7b)
Der Heilsplan Gottes ist in Jesus aufgegangen, aber nicht vollendet. Er hat seinen Höhepunkt erreicht, aber nicht seinen Abschluss. Das Heilsgeschehen geht weiter - bis heute und weit darüber hinaus. So wie Jesus Vorgängerinnen und Vorgänger hatte, die - mit ihren ganz eigenen Profilen - ihr Licht auf ihn warfen, so gibt es bis heute viele Nachfolgerinnen und Nachfolger, die in dem Licht Jesu leben und den Plan Gottes weiterleben lassen. Jeder und jede, die durch die Taufe in die Nachfolge Jesu ge-rufen ist, ist somit auch be-rufen, mit dem eigenen und persönlichen Profil, mit den eigenen Fähigkeiten und Gaben, den eigenen Charismen, Gottes Plan für seine Schöpfung hier und heute umzusetzen. Damals gab es dabei keine zwei gleichen Weisen - heute auch nicht. Jeder Prophet und jede Prophetin wie auch Johannes und all die anderen waren Zeuginnen und Zeugen zu ihren Zeiten und in ihren Zusammenhängen - das gilt auch für jeden Christ und jede Christin heute. Die Prophetinnen und Propheten haben ihre Fehler gemacht, der Kopf des Johannes landete in der Schale der Salomé - nicht jeder hat Glück gehabt und immer die richtigen Schritte gemacht: Wer für Gott einsteht, darf Fehler machen und kann auch scheitern.
Wer dagegen hingeht und das System der Nachfolge stört, es kanalisieren und uniformieren will, wer hingeht und an Zeuginnen und Zeugen ein anderes Kriterium als ihre Glaubwürdigkeit anlegt, wer hingeht und das Engagement von Menschen in der Nachfolge Jesu abschneidet, weil sie stören, der vergeht sich fundamental am Heilsplan Gottes. Das waren zur Zeit des Alten Israels Menschen wie ein König Nebukadnezar, zur Zeit Jesu ein König Herodes und viele andere. Und auch heute gibt es solche Menschen noch - sogar in den Kirchen.
Träumen und tun
An diesem Tag will uns das Vorbild des Johannes ermutigen, unseren Weg der Nachfolge wieder in den Blick zu bekommen: Johannes stand am Ufer des Jordan. - Wo ist unser Platz, wo stehen wir als Christinnen und Christen? Johannes sprach zu den Menschen, die ihn aufsuchten, die von ihm gehört hatten. - Wem erzählen wir? Kindern, Enkeln, Partnern und Partnerinnen, Schülern, Nachbarn, Freunden, - Fremden? Johannes hatte diese Vision des Jesaja im Herzen: "Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben. Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn.” (Jes 40,4.5a) - Was trägt uns, wovon träumen wir?
In wenigen Tagen ist Weihnachten. Da liegt dann dieses kleine Kind in der Krippe, das augenscheinlich schwach und hilfsbedürftig ist. Doch es hat großes zu bieten. Und doch braucht dieses Kind auch heute unsere Augen, die in die Welt sehen, unsere Füße, die neue Wege gehen, unsere Hände, die zupacken, und unsere Herzen, die Brücken schlagen zu den Menschen.
An uns liegt es, uns von dieser Situation des Weihnachtsfestes anspornen zu lassen und dieses Geschenk Gottes an uns den Menschen immer wieder neu weiterzureichen.
Dr. theol. Martin Stewen, 04.12.2011
Dr. theol. Martin Stewen

Kurskorrektur
(Klemens Nodewald 2011)
Auf Weihnachten zugehen
Wir Christen feiern Weihnachten als Gedenktag an die Geburt des Mensch gewordenen Sohnes Gottes. Weihnachten ist der Geburtstag und das Geburtstagsfest Jesu. Mit der Ankunft und dem Auftreten Jesus in unserer Welt beginnt eine neue Heilszeit. Gott wendet sich durch Christus den Menschen in einer Dichte zu, wie es sie bisher nicht gegeben hatte. Mit Jesus wird die Nähe Gottes zu uns Menschen bei weitem überboten im Vergleich zur bereits überreich gewährten Nähe Gottes gegenüber dem auserwählten Volk. Für diese Überbietung möchte der Evangelist Markus uns mit seinem Evangelium die Augen öffnen.
Bis zum Erscheinen Jesu in der Welt hatte Gott, von Israel Jahwe genannt, sich erwählter Menschen bedient, um seine Gnade und seinen Segen dem Volk zu erweisen. Auch ein Moses gehörte zu ihnen. Er wurde von Gott zu einem besonderen Dienst erwählt. Auf Gottes Geheiß hin und mit seiner Kraft befreite er die Israeliten aus der Knechtschaft der Ägypter. Die Rückführung der Israeliten aus Ägypten sollte aber nicht nur eine Befreiung aus der Sklaverei bewirken, sondern Israel in ein besonderes Verhältnis mit seinem Gott führen.
In den zehn Geboten verkündete Moses dem Volk Gottes Willen und seine Weisungen. Jahwe als alleinigen Gott anerkennen und anbeten, im Miteinander sich am Nächsten nicht vergehen, alles Unrecht meiden, das war zusammengefasst der Inhalt der Gebote. Des Weiteren wird durch Moses die Verehrung Gottes geordnet: Ein heiliges Zelt wird errichtet, neben Psalmen, Liedern und Gebeten ein Opferkult geschaffen, der Sabbat als "Tag des Herrn" hervorgehoben. Um ein möglichst gutes Miteinander zu gewährleisten setzt Moses in der Treue bewährte und unbestechliche Männer als Richter und Schiedsleute ein.
An die Weisungen Gottes erinnern
Wie es bei uns Menschen, die ihre Schwächen haben, so geht, ist die Erneuerung im Glauben ein Gebot jeder Zeit, um nicht abzurutschen oder nachlässig zu werden. Daher berief Gott im Laufe der Geschichte immer wieder Propheten, die das Volk wach rüttelten und an Gottes Weisungen erinnerten.
Johannes der Täufer versteht sich als einer dieser Propheten. In seinem Auftreten und Verhalten erinnert er in besonderer Weise an die Anfänge Israels als Gottes Volk. So verlegt er sein Wirken in die Wüste, trägt eine Bekleidung, die an den Wüstenaufenthalt Israels erinnert: ein Kamelfell als Kleid und einen Gürtel um die Hüften als Zeichen der Bereitschaft und des Aufbruchs. Besonders dieser Gürtel erinnerte an das Pascha, das die Israeliten in Ägypten gegürtet feiern sollten, um dann sofort aufzubrechen. Als Nahrung dienten Johannes die Gaben der Wüste: Heuschrecken und wilder Honig. Wer dem Täufer in Wort und Auftreten begegnete und erlebte, der wusste sofort, welches Anliegen Johannes den Menschen nahe bringen wollte: Sich an die vielen Wohltaten Gottes erinnern und sich ihm mit ganzem Herzen zuwenden.
Neu gegenüber den bisherigen Propheten war in der Botschaft des Johannes die Ankündigung, dass nach ihm der komme, der nicht nur mit Wasser, sondern auch mit hl. Geist taufen werde. Der von Johannes Angekündigte würde also nicht nur zur Besinnung und inneren Erneuerung aufrufen, sondern darüber hinaus die Menschen mit einer Kraft ausstatten, die Menschen dieser Erde nicht verleihen können.
Eine neue Heilszeit
Damit schildert Johannes den "nach ihm Kommenden" als einen, der das bisherige Prophetentum weit übersteigt. Mit ihm beginnt eine neue Heilszeit, wie sie die Welt bisher nicht kannte. Diesem, dem "nach ihm Kommenden" den Weg zu bereiten, damit er in die Herzen der Menschen Einzug halten könne, darin sieht Johannes seine Aufgabe. Er ist überzeugt: Der Weg für das sich innere Öffnen für den "Kommenden" führt über die Bereitschaft des Menschen zur Umkehr, bzw. Bekehrung.
Den Weg frei machen
Im Alltag und im Leben wieder einmal mehr inne zu halten und unsere Gedanken bewusst auf Gott lenken, dazu ruft uns die Kirche auf mit der Einrichtung der Adventszeit. Weihnachten sollen wir wahrhaft festlich feiern, indem wir uns äußerlich und innerlich auf das Geburtstagsfest Jesu vorbereiten. Sich innerlich vor- und zubereiten heißt: Den Weg frei machen für eine Ankunft Jesu in unseren Herzen. Um dies zu ermöglichen können wir der Überzeugung des Täufers folgen: Alles Heil beginnt mit Umkehr und Einkehr.
Lassen sie uns ein paar Situationen beleuchten, wo Umkehr vielleicht auch bei uns Not täte, und bedenken, wie wir den Weg für ein lebendiges Ankommen Jesu in unseren Herzen bereiten und erleichtern könnten.
Kurskorrekturen
In den Zehn Geboten setzt Moses Gott an die erste Stelle und damit seine Verehrung und das Bekenntnis zu ihm. Indem wir hier am Gottesdienst teilnehmen, zeigen wir, dass wir Gott in unserem Wollen grundsätzlich Anerkennung zollen und Ehre erweisen möchten. Und dennoch bleibt die Frage: Gibt es Teilbereiche, in denen wir Gott ein sich Einmischen in unser Verhalten mit seinen Vorstellungen und Erwartungen nicht gestatten?
Zum Beispiel bei unseren Beziehungen zu Mitmenschen.
- Gibt es eventuell Dinge, die zu vergessen oder zu verzeihen wir uns bisher sträubten, wo aber die Zeit längst fällig ist, Versöhnung endlich einmal anzugehen?
- Könnten wir unsere Abneigung zu manchen Menschen nicht ein gutes Stück herunter schrauben, mindestens das abfällige Reden über sie einstellen oder bewusst deutlicher einschränken?
- Welchen Kranken, die wir bisher vergessen haben, würde ein Besuch unsererseits gut tun?
- Welcher Nachbar oder Arbeitskollege würde sich über unser Angebot zur Hilfe freuen?
Oder im Umgang mit uns selbst.
- Bin ich oft ein missmutiger Typ, weil ich mich viel zu wenig an Gott und seiner Liebe zu mir freue, mich kaum darauf besinne und nicht darüber nachdenke?
- Bin ich schon deswegen mit mir zufrieden, weil andere keinen direkten Anstoß an mir nehmen, manche sich weit laxer in ihrem Glauben verhalten, die Gottes- und die Nächstenliebe mehr auf die leichte Schulter nehmen als ich?
- Mache ich eigentlich den Menschen aus mir, der ich mit der Hilfe Gottes und seiner Gnade sein könnte?
- Gehe ich ernsthaft in mich, um Gott zu befragen, welche Aufgaben ich hinsichtlich meiner Kräfte, Talente, meiner Umgebung, Familie, Gemeinde nach Gottes Wunsch übernehmen sollte?
Diese und ähnliche Fragen in der Adventszeit zu bedenken und nötige Korrekturen vorzunehmen, wäre sicher eine gute Vorbereitung auf Weihnachten. Wir würden uns selbst damit einen großen Gefallen erweisen und uns öffnen für ein tieferes Ankommen Jesu und unserer Mitmenschen in unseren Herzen. Und ein tieferes Ankommen Jesu und unserer Mitmenschen in unserem Herzen sollten wir Weihnachten bewusst gebührend feiern.
Pater Klemens Nodewald, 04.12.2011
Pater Klemens Nodewald

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In Erwartung
(Martin Güttner 2011)
Straßen bauen
Da hören wir schon seit 2000 Jahren: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Und was ist in den 2000 Jahren passiert? Es ist ja nicht so, als hätten wir nichts getan. Schon die alten Römer fingen an Wege und Straßen zu bauen, bahnten sich einen Weg über die Alpen, um auch den Norden mit ihren Eroberungsfeldzügen als Herren der Straßen zu beglücken. Die Römer wurden zurückgedrängt, die Straßen und Brücken blieben. Mit der Erfindung des Motors wurden die Straßen von anderen Herren in Besitz genommen, die Herrschaft der Automobile begann. Und heute? Unser Land ist überzogen mit einem Netz aus Autobahnen, Straßen und Wegen und jeder, der öfter einmal weitere Strecken fahren muss, weiß das auch zu schätzen. Doch warum reichen all diese Autobahnen, Straßen und Wege nicht aus, um das angekündigte Kommen des Herrn vorzubereiten? Haben wir etwas falsch gemacht? Oder sind wir nicht in der Lage, die richtige Straße zu bauen?
Haben wir vielleicht in der Bauanleitung, heute würden wir besser sagen, in den Ausschreibungsunterlagen etwas übersehen? Wenn wir bei Jesaja in der heutigen Lesung nachschlagen, erfahren wir, warum wir diese Straße für den Herrn bauen sollen. Denn dort heißt es: "Verkündet der Stadt, die Knechtschaft geht zu Ende, denn die Schuld ist beglichen."
Etwas schuldig bleiben
Worum geht es hier? Da sind Menschen dem Leben, ihren Mitmenschen, der Schöpfung oder gar Gott etwas schuldig geblieben, sie sind schuldig geworden, haben Schuld auf sich geladen und sind als Folge dieser Schuld in Abhängigkeit und Knechtschaft geraten. Geht es uns nicht genauso? Bleiben wir nicht auch dem Leben etwas schuldig, wenn wir bestimmen wollen, was lebenswertes Leben ist, wenn wir dem Rad des Lebens in die Speichen greifen und meinen durch Genmanipulation besseres Leben selbst produzieren zu können, aus dem Menschen als Geschöpf Gottes, ein Produkt unserer Forschung machen? Und bleiben nicht auch wir der Schöpfung etwas schuldig, wenn wir ohne Rücksicht auf Verluste diese Erde ausplündern, blind in die Kreisläufe der Natur eingreifen und damit die Lebensgrundlagen unzähliger Pflanzen- und Tierarten zerstören? Und bleiben nicht auch wir unseren Mitmenschen etwas schuldig, wenn wir alles, selbst den Menschen, zur Ware machen und einem alles beherrschenden Markt opfern?
Alles hat seinen Preis, und man muss sich heute gut verkaufen, um noch eine Chance zu haben. Aber ist es wirklich das, was sich unsere Kinder von uns gewünscht hätten? Und bleiben nicht auch wir Gott etwas schuldig, wenn wir ihn entweder als richtende und verurteilende Drohkulisse für unsere Machtinteressen missbrauchen, oder wenn wir ihn durch Verniedlichung zu einem guten Opi machen, der eh nicht mehr aus dem Rollstuhl hochkommt? Beides verhindert, dass wir Gott danken, loben, preisen und ihn allein anbeten können, weil er Gott ist, und nicht weil wir etwas von ihm wollen oder ihn für etwas benutzen wollen. Auch wir haben Schuld auf uns geladen, sind dadurch in Abhängigkeit und Knechtschaft geraten. Immer mehr Menschen merken, dass sie sich in einem Zug befinden, der in die falsche Richtung fährt.
Freie Wege bahnen
Doch auch uns gilt diese Zusage aus dem Buch des Propheten Jesaja: Tröstet mein Volk, die Knechtschaft geht zu Ende, denn eure Schuld ist beglichen. Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Keine Autobahnen von Zwangsarbeitern gebaut, wie vor 70 Jahren in unserem Land, keine Straßen im Regenwald von Ölsklaven gebaut, wie heute in Südamerika. Nein - wir sollen einen Weg der freien Menschen durch die Wüste bahnen. Dorthin, wo das Leben bedroht ist, wo kaum mehr Leben möglich ist, in der Wüste und dort wo das Leben nur noch vor sich hin vegetieren kann, in der Steppe, dorthin sollen die Freien einen Weg bahnen, um das Geschenk der Freiheit weiter zu schenken, um dem Leben neue Lebensmöglichkeiten zu eröffnen. Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Die, die sich groß dünken und sich über andere erheben, sie sollen sich senken, wie auch Gott sich nicht zu schade war, sich klein zu machen, um in seinem Sohn ein Mensch zu werden, wie wir. Und all die Kleinen, Geknechteten, Verängstigten und Bedrückten, sie sollen sich aufrichten, als Freie, mit der Würde von Priestern und Königen dürfen sie durchs Leben gehen, denn sie sind Kinder Gottes. Dann werden alle die Herrlichkeit des Herrn sehen, so heißt es bei Jesaja.
Hand anlegen
Das ist die Botschaft des Advent: Kein Lichterglanz und Seelenschmalz für Wohlfühlchristen, keine Wärmedecken und Kuschelecken für Gläubige, sondern die Erwartung einer Revolution der Liebe. Darum steht heute als Symbol ein Spaten im Altarraum. Wir müssen Hand anlegen, wenn wir den Weg der Freien durch Wüste und Steppe bahnen wollen, das ist nicht immer ein Zuckerschlecken, das wissen sie selbst, wenn sie schon einmal ein Stück Land umgegraben haben. Doch wenn es geschafft ist, dann schenkt es auch ein gutes Stück Zufriedenheit. Das Umgraben ist überhaupt ein schönes Bild für diese Revolution der Liebe, denn bei jedem Spatenstich kehren wir um, wir kehren was unten war um und holen es nach oben, holen das Verborgene ans Licht, lockern, was verfestigt und brechen auf, was verkrustet war, damit neues Leben möglich wird.
Doch bevor wir mit dem Weg anfangen, müssen wir die Flucht abstecken, d.h. wir müssen uns über die Richtung und das Ziel Klarheit verschaffen. Bei dem Weg durch die Wüste geht es nicht um meine Ideen oder Visionen, es geht um einen Weg für den Herrn. Christus selbst muss der Zielpunkt dieses Weges sein, ihn dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, denn daran entscheidet sich, ob wir ihm entgegen oder in die Irre gehen. Hat er selbst doch gesagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Wenn wir so den Weg abgesteckt haben, dann können wir mit dem Graben beginnen. Doch wonach graben wir? Nur ein Weg der gegründet ist, also auf festem Grund gebaut ist, hat Bestand. Darum brauchen wir unseren Spaten, er soll uns helfen, festen Grund zu finden. Der Wildbewuchs, die Staub und Sandschichten, die im Laufe der Zeit unseren festen Grund bedeckt und verdeckt haben, die müssen wir Schicht für Schicht entfernen, auch das ist harte Arbeit. Denn an so manche Sandschicht und an so manches Kraut haben wir uns gewöhnt und wir haben oft den Eindruck, als gehörten sie fest verbunden zum Grund, der uns Halt und Standfestigkeit gibt.
Festen Grund legen
Ich sehe heute noch das Entsetzen in den Augen meiner Eltern, als ich als Jugendlicher auf der Suche nach dem festen Grund von Weihnachten darum bat: Keinen Weihnachtsbaum, keine Geschenke, kein Weihnachtsgebäck nur unsere kleine Krippe, eine Kerze und das Weihnachtsevangelium. Doch es war dieses eine Jahr, in dem mein Glaube festen Grund fand. Es ist der Spaten, der uns helfen kann, diesen festen Grund zu suchen und zu finden. Wenn wir ihn aber gefunden haben, dann geht es uns wie dem Mann, der beim Graben auf dem Acker einen Schatz findet und dann bereit ist, vieles loszulassen, um diesen Schatz nicht zu verlieren.
Wer diesen festen Grund, diesen Schatz in seinem Leben gefunden hat, der wird zur Botin und zum Boten der Freude, dann zeigt sich die Herrlichkeit des Herrn. Der Zug der Freien auf dem Weg in die Wüste, die Schar der Erlösten, ist die Keimzelle des Reiches Gottes, ist der Beginn eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Nutzen wir die Adventzeit! Graben wir nach dem festen Grund in unserem Leben, nach dem Schatz, nach der Verheißung, damit die Herrlichkeit des Herrn sichtbar wird.
Martin Güttner, 04.12.2011
Martin Güttner

Bereitet dem Herrn den Weg!
(Bernhard Bossert 2011)
Auf das Wie kommt es an
"Es kommt immer darauf an, wie man etwas macht!" sagte ein Mann beim Arbeiten, als ich ihn wegen seiner schweren Arbeit ansprach. "Wie man etwas macht! In welcher Haltung!" dann ist das Schwere sinnvoll und auch ein wenig leicht! Ich dachte, wie recht hat dieser Mann!
Ob das etwas zu tun hat mit dem Aufruf, den uns heute Johannes der Täufer macht: "Bereitet dem Herrn den Weg." Sicher, denn für Gott den Weg bereiten können wir nur, wenn wir mit Freude und Hingabe leben, inmitten von Mühen und Opfern, und bereit sind, oft neu anzufangen.
Bereitet dem Herrn den Weg.
Gott will kommen. Johannes der Täufer nimmt diese Worte in den Mund. Er greift den Propheten Jesaia auf, der schon 500 vor Christus dem Volk in der Verbannung in Babylon zurief: Bereitet dem Herrn den Weg! - gemeint ist: Der Herr geht euch allen voraus durch die syrische Wüste nach Haus ins Judenland. Er bahnt den sicheren Weg in die Heimat. Auch wenn dann die Heimkehr aus Babylon eher ärmlich verlief, so wusste man doch um das Geschenk der neuen Freiheit. Man fühlte sich wieder als Volk, das Jahwe gehört.
Der Täufer greift fünf Jahrhunderte später am Ufer des Jordan den Freudenruf des Propheten Jesaja auf; dieses Mal ist der Messias am Kommen - uns entgegen. Deshalb müssen die Straßen ausgebessert und die unwegsamen Stellen zugänglich gemacht werden, wie man es damals zu tun pflegte, wenn sich ein König in die Provinz begab.
Jedes Jahr hören wir in der Bereitung auf Weihnachten diese Einladung. Dass Gott ständig den brennenden Wunsch hat, bei seinen Töchtern und Söhnen zu sein, also bei Dir und mir. Auch heute steht er "an der Tür" und klopft an, weil er "eintreten" und mit uns "Mahl halten" möchte.
Möchten auch wir dem Herrn begegnen? Ihm entgegengehen und seinen Weg bereiten - oder ist es uns egal? Die Antwort darauf hängt nicht allein an einem tollen Gefühl, das wir haben müssten, es genügt die Bereitschaft, es zu wollen.
Wie Wege bereiten?
Was können wir im Alltag tun, um Wege zu bereiten. Vielleicht ist es das, was jener Mann sagte: "Es kommt immer darauf an, wie man etwas macht!" Eben mit Freude und Wohlwollen, mit frohem Gesicht, auch wenn es mal was kostet. Als ich die Predigt vorbereitete, fiel mir ein, dass ich ein Zeichen des guten Willens und der Versöhnung einer Person schuldig war. Ich hatte das innerlich weggeschoben. So rief ich gleich an und hoffe, dass ich so wieder Wege der Versöhnung bauen konnte.
Jedes Mal, wenn wir merken, dass wir ein Hindernis vor Gott und den Menschen errichtet haben, können wir Gott um Vergebung bitten. Da vertrauen wir erneuet, dass er uns liebt wie ein Vater, der "barmherzig ist und gnädig, langmütig und reich an Huld und Gnade." Ein passender Moment zu bereuen und neuanzufangen könnte der Moment am Abend vor dem Schlafengehen sein: kurz innehalten, auf den Tag zurückschauen und Gott um Vergebung bitten.
Auch den Bußakt am Beginn der Eucharistiefeier, wo wir in der Regel zusammen mit der ganzen Gemeinde um Vergebung unserer Sünden bitten, könnten wir mit neuem Bewusstsein und größerer Intensität vollziehen.
Von großer Hilfe ist auch die persönliche Beichte, einem Höhepunkt der Versöhnung mit Gott. Sie ist eine Begegnung mit dem Herrn, dem man alle begangenen Fehler übergeben kann. Man geht innerlich geheilt daraus hervor, erneuert, mit der Freude, sich wieder als Kinder Gottes zu entdecken. Gott selbst räumt mit seiner Vergebung alle Hindernisse beiseite und ebnet die Straße; er kann von neuem mit seiner Liebe bei uns ankommen.
Konkret im Hier und Jetzt leben
Jemand erzählte mir: In den letzten Tagen war ich öfters sehr entmutigt. Ich hatte das Gefühl, - so mein Gesprächspartner - die Zeit läuft mir davon und ich komme mit meinen Aufgaben und Plänen nicht mit. Da kam mir ein Impuls zu Hilfe, den ich schon öfter gehört habe: Er lautete: "Gott will, dass wir im Hier und Jetzt unsere Aufgaben verrichten. Nur im Hier und jetzt antworten wir auf seinen Liebeswillen." Mir wurde klar: der Wille Gottes ist für mich also nur der gegenwärtigen Augenblick. Ich merkte, dass es für mich nicht hilfreich ist, dauern nach hinten zu schauen zu dem, was ich verpasst habe. Oder nach vorne zu spähen, was alles auf mich zukommen könnte. Das Entscheidende ist das Jetzt. Nur Jetzt geht es darum, den Willen Gottes zu leben: Augenblick für Augenblick. Dieser Gedanke gab mir wieder die innere Ruhe zurück.
Bereitet den Weg des Herrn den Weg - im Hier und Jetzt des gegenwärtigen Augenblicks!
Pater Bernhard Bossert, 04.12.2011
Pater Bernhard Bossert
