Predigtgedanken 29.07.2018
Brot, Fisch und ein kleiner Junge
(Wolfgang Jungmayr 2018)
Brot und Fisch waren zur Zeit Jesu Grundnahrungsmittel; zum Teil sind sie es auch heute noch. Ein kleiner Junge stellt seine Brote und seine Fische für das große Wunder zur Verfügung. Jesus segnet sei und lässt sie austeilen. Worin liegt das Wunder? Im Segnen? Im Teilen? Wo wir unter Gottes Segen miteinander teilen, können auch heute noch Wunder geschehen.
Fünf Gerstenbrote, zwei Fische und ein kleiner Junge stehen heute im Zentrum des Evangeliums. Brot und Fisch sind Symbole, die eng mit Jesus und auch mit uns Christen verknüpft sind.
Brot
Wenn wir BROT sehen, fällt es uns nicht schwer, an Jesus Christus zu denken. Jede Eucharistiefeier erinnert uns daran, dass sich Jesus uns als Brot des Lebens geschenkt hat - sozusagen als Grundnahrungsmittel für unser Christsein. Brot hat eine große Bedeutung im Leben der Menschen. Ich bin jedes Mal aufs eue fasziniert, wenn ich in eine Bäckerei komme, frisches Brot sehe und rieche. Der Duft eines frischen Brotes strömt für mich Lebensbejahendes, Lebenspendendes aus. Aus unserer Ernährung ist das Brot nicht wegzudenken. Gerade in den letzten Jahren haben wieder viele Menschen neu die Bedeutung guten Brotes erkannt und die Bäcker haben mit einer Fülle von neuen Brotsorten darauf reagiert. Und es gibt auch viele Menschen, die sich die Zeit nehmen, ihr eigenes Brot zu backen.
In meiner Kaplanszeit organisierte ich jeden Sommer Ferienlager mit Kindern und Jugendlichen. Sie können sich sicher vorstellen, dass es gar nicht so einfach ist, für Kinder das zu kochen, was einigermaßen allen schmeckt. Ich fragte einmal unsere Köchin, was sie macht, wenn ein Kind nichts essen will. Sie meinte darauf: „Dann streich ich einfach ein Butterbrot, das hat bisher noch immer geholfen!“
So positiv unsere Einstellung einerseits zu Brot ist, Studien haben ergeben, dass im Schnitt jedes fünfte Brot im Müll landet. Damit sind nicht die Schulbrote der Kinder gemeint, sondern die Retourware aus dem Handel, denn die Bäcker bleiben auf bis zu 25 Prozent ihrer Produkte sitzen.
Fisch
Auch der FISCH ist ein wichtiges Zeichen für das Christentum. Bei den Urchristen war er das geheime Erkennungszeichen während der Verfolgungszeit. Die Buchstaben für das griechische Wort für Fisch konnten als Abkürzung für "Jesus Christus, Sohn Gottes und Erlöser" gelesen werden. Jesus galt auch als der Fisch, der im Wasser, dem Element der Taufe lebt. Viele der Apostel waren in ihrem ersten Beruf Fischer gewesen und hatten von daher einen ganz existentiellen Bezug zum Fisch.
Manchmal begegnet uns das Zeichen des Fisches auf einem Auto. Damit zeigt der Besitzer oder die Besitzerin, dass er/sie ChristIn ist, dass er/sie das Leben christlich gestalten will. In vielen Restaurants erleben wir trotz unserer doch schon sehr säkularisierten Welt, dass am Freitag auf der Speisenkarte Fisch angeboten wird.
Kleine Gaben, großes Wunder
Staunend schauen wir auf das Wunder, das Jesus dem heutigen Evangelium nach gewirkt hat und wir fragen uns: Wie hat er das gemacht? Waren es wirklich fünftausend Männer? Oder haben die Jünger nicht doch heimlich Brot eingekauft? Können ein paar Segensworte von Jesus über die Gaben gesprochen so Großes bewirken?
Für mich geht es bei dieser Erzählung weniger darum, ob Jesus ein Wunder gewirkt hat, sondern mich beschäftigt eher die Frage: Wie konnte dieses wunderbare Ereignis geschehen? Philippus sagt eindeutig: mit zweihundert Denaren für Brot gelingt es nicht.
Aber da ist ein kleiner JUNGE, der seine fünf Brote und zwei Fische zur Verfügung stellt. Er ist bereit zum Teilen, er ist bereit, etwas von seinem kleinen Besitz herzugeben. Ich bin deshalb überzeugt, dieses wunderbare Geschehen war nur möglich, weil der kleine Junge mit seinen Gaben den Ausgangspunkt für das Wunder setzte.
Wunder können auch heute noch geschehen
Bei einem Wochenende mit 40 Firmlingen war ich einmal auf einer Selbstversorgerhütte einquartiert. Wir hatten die Firmlinge vorher gebeten, jeder solle für das Abendessen selber sorgen und etwas von zu Hause mitbringen. Beim Abendessen nun hatte jeder Firmling seine mitgebrachten Speisen vor sich auf dem Tisch liegen und begann davon zu essen. Die Firmbegleiter aber legten ihre Lebensmittel in die Mitte des Tisches und jeder nahm davon, was er wollte. Es war ein sehr vielfältiges Mahl, was da auf dem Tisch der Begleiter lag: Perlzwiebel, Pfefferoni und Gurken, verschiedenste Käse- und Wurstsorten, allerlei Brot und Gebäck, Aufstriche usw. Das Abendessen war für uns Begleiter ein richtiges Festmahl. Mit Staunen und auch ein wenig neidisch sahen die Firmlinge auf unser üppiges Abendessen. Auf die Idee, dass sie es uns nachmachen könnten, kamen sie leider nicht. Für sie ereignete sich damals das Wunder der Speisung nicht.
Die Menschen, die Jesus zuhörten, erlebten dieses Wunder. Am Beispiel des kleinen Buben mit den zwei Fischen und fünf Broten haben sie erkannt, worum es eigentlich geht. Gemeinsam konnte dieses große Wunder zwischen den Menschen geschehen: Das Wunder, dass durch Teilen mehr wird für jeden einzelnen von ihnen.
Jeder von uns kann zu einem Wunder beitragen
Haben wir nicht oft das Gefühl: Was können wir schon ausrichten in den gobalen Herausforderungen in der Welt von heute? Was kann ich mit meinen geringen Mitteln schon bewirken? Der kleine Junge mit den zwei Fischen und fünf Gerstenbroten macht mir Mut, etwas von meinen Gaben, von meinen Mittel zur Verfügung zu stellen. Jeder von uns hat ja Fähigkeiten und Talente, der eine diese, der andere jene. Im Miteinander und Füreinander kann Großes geschehen, auch heute noch, mitten unter uns. Ich bin überzeugt, Jesus wird seinen Segen darüber sprechen, und so kann durch jeden von uns Wunderbares geschehen.
Pater, Mag. theol. Wolfgang Jungmayr, 29.07.2018
Pater, Mag. theol. Wolfgang Jungmayr
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Einer ist es, der seine Geschöpfe nährt
(Sozialreferat der Diözese Linz 2018)
Elischa gibt durch seine Diener eine anonyme Lebensmittelspende an Bedürftige weiter. Alle werden satt. Gott ist der Spender alles Guten, nicht der, der verteilt. Hungernden Nahrung geben kann als Zeichen der Generosität sein aber auch gezielt als Mittel des Machtmissbrauchs eingesetzt werden. Die von der wunderbaren Brotvermehrung ist eine Mahnung an die Satten, ihren Wohlstand mit den Hungernden zu teilen. Einer ist es, der seine Geschöpfe nährt. Ihm sollen wir danken - und uneigennützig teilen, wenn wir mehr als genug haben.
Hunger als Spielball der Macht
Bis zum Jahr 1772 hielt das Stift Kremsmünster am Tag vor dem 11. Dezember, dem Stiftertag zu Ehren des bayerischen Herzogs und Stiftsgründers Tassilo, den sogenannten „Karnisseltag“ oder „Gspendt“. Wörtlich übersetzt meint das den Tag einer Fleischspende. Jeder, der an diesem Tag ins Kloster kam, erhielt gratis ein dreiviertel Pfund Rindfleisch und dazu Brot. Soweit sich das belegen lässt, folgten jährlich zwischen zwölf- und siebenundzwanzig- tausend Menschen dieser Einladung.
Solche Lebensmittelspenden hochrangiger Persönlichkeiten und Einrichtungen gab es seit der Antike. In Zeiten, in denen Hunger zum Alltag vieler Menschen gehörte und selbst jene, die im Normalfall genug zu essen hatten, am eigenen Leib schon Hungersnöte miterlebt hatten, fanden sie enormen Anklang. Ganze Regionen machten sich auf den Weg, um sich einmal so richtig satt zu essen und wenigstens für einen Tag alle Sorgen zu vergessen.
Nicht immer wurden die Lebensmittelspenden so uneigennützig gegeben, wie es auf den ersten Blick scheint. Reiche Mäzene sicherten sich damit ihren Ruhm bis weit nach ihrem Tod. Politiker versuchten, ihre Wiederwahl zu sichern oder ihren Rückhalt im Volk zu vergrößern. Die Grenze zwischen einer uneigennützigen Gabe und einem höchst eigennützigen Kaufen der Sympathie und Unterstützung armer Menschen - was heute ein klarer Fall von Korruption wäre - war ziemlich fließend. Und genau darauf machen uns die eben gehörten Bibeltexte aufmerksam.
Die Geschichte von einem anonymen Spender
Zu Elischa, so haben wir in der ersten Lesung gehört, kommt ein Mann und bringt zwanzig Gerstenbrote und frische Körner. Elischa befiehlt seinem Diener: „Gib es den Leuten zu essen!“ Doch dieser sagt: „Wie soll ich das hundert Männern vorsetzen?“ Elischa aber insistiert: „Gib es den Leuten zu essen! Denn so spricht der Herr: Man wird essen und noch übrig lassen.“ Und tatsächlich: Sie essen und lassen noch übrig.
Ein Mann bringt Lebensmittelspenden zu Elischa. Er selber will unerkannt bleiben - weder wird sein Name genannt noch will er selber bei der nachfolgenden Speisenverteilung in Erscheinung treten. Er tut ein gutes Werk im Verborgenen. Auch Elischa will nicht im Rampenlicht stehen, macht die Erzählung deutlich. Vielmehr überlässt er die Aufgabe der Speisenausteilung seinem Diener. So betont er, dass es ein Geschenk des Herrn ist, wenn Menschen satt werden - des Herrn allein!
Nur einer ist Geber aller Gaben
Das Johannesevangelium drückt dieselbe Botschaft mit anderen erzählerischen Mitteln aus als das zweite Buch der Könige und die anderen drei Evangelien. Hier ist es nämlich allein Jesus, der die Menschen speist. Er besitzt von Anfang an einen klaren Plan: „Er selbst wusste, was er tun wollte.“ (Joh 6,6). Diesen Plan führt er ohne Hilfe der Jünger ganz alleine aus: „Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus.“ (Joh 6,11). Die Jünger, denen Jesus nach den anderen drei Evangelien den Auftrag gibt, Brot und Fische auszuteilen, sind bei Johannes arbeitslos.
Der vierte Evangelist spielt damit auf das antike Königsprivileg der Armenspeisung an: Vor Julius Caesar gab es im Römerreich Mäzene, die Hungernde speisten und denen deswegen Inschriften an prunkvollen Gebäuden gewidmet wurden, in denen die Begriffe „retten“ oder „Retter“ vorkamen. Mäzene ließen sich als Retter, als Erlöser feiern. Caesar macht daraus ein Privileg der Kaiser. Anderen Personen im römischen Reich wurden die Armenspeisung und deren Verewigung in Inschriften verboten. Nur der Kaiser durfte so etwas noch tun. Damit wurde allein sein Ruhm gemehrt und der Abstand zu allen anderen Mächtigen deutlich vergrößert. Genau darauf spielt Johannes an. Denn als alle satt geworden sind, erzählt er: „Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen.“ (Joh 6,15). Wer die Hungernden speist, soll König sein - so die Überzeugung des Volkes. Und Jesus wäre im Unterschied zu Caesar zu Recht König, denn er ist der Fleisch gewordene Gott, ist das Johannesevangelium überzeugt.
Hunger als Spielball der Mächtigen
Liebe Schwestern und Brüder, im Österreich des 21. Jahrhunderts fällt es den meisten von uns schwer, uns in die Situation des Hungers hineinzuversetzen. Zwar gibt es auch heute Menschen, die täglich die Armenausspeisungen der Ordensgemeinschaften und der sozialen Hilfsorganisationen aufsuchen. Und nicht wenige, die von Sozialhilfe oder Mindestpension leben, kommen gegen Monatsende ins Schwimmen, weil ihnen das Geld zum Lebensmitteleinkauf knapp wird. Aber die Mehrheit der Bevölkerung ist solcher Nöte gottlob enthoben.
Und doch spielt die Frage, wie man den Hunger vieler Menschen für die eigenen Zwecke missbrauchen kann, auch heute eine große Rolle. Da wollen uns Machthaber wie der syrische Präsident Baschar al Assad weismachen, in seinem Land gebe es nirgends Hunger - und blockiert Lebensmittellieferungen der Völkergemeinschaft in die bedrängten Regionen, weil das an seinem Image des guten Herrschers kratzen würde. Da zahlen manche reichen Länder ihre dem Welternährungsprogramm (World Food Programme) zugesagten Gelder nicht, sei es weil sie ihre Wohltaten lieber selber verteilen wollen, um den Ruhm einzufahren, sei es, weil sie bei den Vereinten Nationen irgendwelche eigenen Interessen durchsetzen wollen. Der Hunger der Menschen wird auch heute vielfach zum Spielball von Macht und Interessen.
Das Stift Kremsmünster hat offensichtlich um diese Gefahr gewusst. Jedenfalls wurde in der Messe des Karnisseltags alljährlich das heutige Evangelium vorgelesen. Eine Mahnung an die Satten, ihren Wohlstand mit den Hungernden zu teilen. Eine Mahnung aber auch, die Dankbarkeit der Armen nicht sich selbst zurechnen zu lassen. Einer ist es, der seine Geschöpfe nährt. Ihm sollen wir danken - und uneigennützig teilen, wenn wir mehr als genug haben.
© Univ.-Prov. Dr. Michael Rosenberger, Professor für Moraltheologie
Sozialreferat der Diözese Linz, 29.07.2018
Sozialreferat der Diözese Linz

Kapuzinerstr. 84
4020 Linz an der Donau
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Wenn jeder gibt, was er hat
(Norbert Riebartsch 2015)
Wenn wir teilen, was wir haben, bekommen alle genug. Gott teilt seine Liebe an uns aus. Die wunderbare Brotvermehrung ist ein Zeichen dafür, wie großzügig Gott an uns austeilt, für sei Ja zu uns Menschen.
Wir teilen, was wir haben
Bei manchen Festen bitten die Organisatoren: „Bringen Sie Essen und Trinken in der Menge mit, die Sie selbst verzehren. Geben Sie es ab. Wir machen daraus ein Buffet.“
Es ist spannend, dieses Buffet dann zu sehen und zu genießen. Ich entdecke vielleicht ganz neue Speisen. Oder ich stelle fest, dass es Viele gibt, die ähnliche Dinge wie ich gebracht haben. Es sagt etwas darüber aus, wie gewöhnlich oder ausgefallen mein Geschmack ist. Am Ende erleben die Organisatoren oft, dass noch Essen übrigbleibt. Das wird dann etwa an Obdachlosenküchen gegeben. So haben noch mehr Menschen etwas von dem Fest, das gefeiert wurde.
Wie mag es da bei der Speisung der 4 000 gewesen sein? Kam alles nur aus den 5 Broten und 2 Fischen? Gab der Junge anderen den Anstoß, selber auch alles zu geben? Oder war es tatsächlich Jesu Segen über die Gaben, die aus ihnen so viel werden ließ?
Die Schriftstellerin Luise Rinser hat in ihrem Buch Mirjam die zweite Variante gewählt. In diesem Buch lässt sie Maria von Magdala ihre Erfahrungen mit Jesus erzählen. Bei der Speisung der vielen beobachtet Mirjam bei sich und den anderen: „Und viele legten etwas dazu aus ihrem eigenen, zuerst verhohlen gesparten Mundvorrat.“
Ein solcher Gedanke hat etwas für sich. Reserve behalten und lieber erst einmal das Angebotene nehmen ist sehr verbreitet. Immerhin wird Jesus dann zu einem Menschen, der dieses Verhalten aufbricht. Die Menschen lernen und verändern so das Klima untereinander. Das Wunder der Brotvermehrung ist eines, das die Herzen aufbricht.
Es ist auch das Zeichen, das uns bei einer Wallfahrt ins Heilige Land begegnet. Dort werden in Zeichnungen gerne 4 Brote und 2 Fische angedeutet. Dem Sinn nach heißt es: Wenn du das Wunder der Brotvermehrung erleben und erkennen willst, musst du von dir noch ein Brot dazulegen.
Gott teilt seine Liebe
Bei dieser Interpretation kann Luise Rinser getrost den zweiten Teil des Evangeliums vergessen: Die Sammlung der übriggebliebenen Brotstücke. Aus den Resten von fünf Broten werden 12 Körbe. Es war ein Zeichen. Von dem, was Jesus geben kann, kann eine ganze Menschheit bekommen. Sie alle sollen erfahren können, wie großzügig Gott ist. Sie sollen spüren dürfen, dass Gott Leben ermöglichen will. Sie sollen sehen, dass das eigene Leben von Gott bereichert werden soll. Johannes betont es sogar: „Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet!“ (Joh 6,14) Für einen Moment war ein Staunen da. Für einen Moment war die Offenheit für Gott da.
Aber nur für einen Moment. Denn am nächsten Sonntag geht die Geschichte weiter. Wieder suchen die Menschen Jesus und er wird ihnen vorhalten: „Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt“ (Joh 6,26) Das Zeichen ist dann interessant, wenn alle anderen Bedürfnisse befriedigt sind.
Und wir heute? Was machen wir? Um satt zu werden, brauchen wir nicht zur Kommunion zu gehen. Wir haben unsere Mahlzeiten schon gehabt und die nächste ist schon fest eingeplant. Was also soll uns da noch passieren? Aber wir sind da. Gibt es diese Offenheit auf Gott hin? Kann er uns in diesem Gottesdienst ansprechen? Kann er so auf die Gebete antworten, die wir ihm gesagt haben? Gebe ich meine Empfangbarkeit für das, was Gott mir zeigen will? Dann wäre es wieder ein Zeichen und das Evangelium bleibt aktuell.
Meine Chance
Im Epheserbrief wird es angezeigt: Ich kann mit und für Gott leben und dabei einen Lebensstil haben, der ermutigt und Zeugnis für Gott wird. Ich kann zufrieden sein mit mir und darin Gutes tun. Gott hat mir ein Ja gesagt. Ich wiederhole es mir selbst. Und ich sage dieses Ja zu den Menschen in meiner Umwelt. Das Ja Gottes bekommt eine neue Form. Sie wird zum Zeichen. Ein solches Zeichen tut dann gut und wirkt Wunder.
Pater Norbert Riebartsch, 26.07.2015
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Jesus zählt auf jeden von uns, damit es gut wird
(Bernhard Rathmer 2015)
Wie hätte die Geschichte der Menschen anders verlaufen können, wenn Jesus sich hätte zum König machen lassen? Warum hat er sich geweigert? Er hat uns statt dessen gezeigt, wie wir mit unseren begrenzten Möglichkeiten "Wunder" wirken können.
Das wäre doch die Chance gewesen!
Eine Reaktion auf das eben gehörte Evangelium: Mensch Jesus - oder soll ich »mein Gott« sagen? - das wäre doch die Chance gewesen. Die Leute wollten dich zum König machen. Hättest du nicht all das bewirken können von dem du gepredigt hast?
Die Könige und Herrscher dieser Welt stürzen die Menschen bis heute ins Unglück. Kriege haben die Jahrhunderte durchzogen, bis heute. Menschen kämpfen gegeneinander weil sie aufgestachelt werden, weil andere ihren Einflussbereich vergrößern wollen, weil sie glauben, dass die eigene Religion oder Weltanschauung die bessere wäre. Wie viel Menschen mussten leiden, über 6 Millionen deiner Glaubensschwestern und -brüder allein im letzten Jahrhundert und heute, wie viele Menschen sind auf der Flucht, sterben jeden Tag in der Ukraine und anderswo, und wie viele religiöse Fanatiker bringen jeden Tag Menschen um. Dabei sind die vielen Ungerechtigkeiten auf der Welt noch nicht einmal mitgenannt.
Hättest Du da nicht der König werden können, der das alles ganz anders macht, der nicht korrupt und machtbesessen ist, sondern gerade der König, der mit einer natürlichen Autorität das Gute durchsetzt. Kein Weichei, aber jemand der die Menschen versteht, der dafür sorgt, dass wirklich die Friedlichen und die Barmherzigen und die Hungrigen selig sind und nicht die, die Ellbogen gebrauchen können oder schon privilegiert geboren werden?
Mensch Jesus, oder doch lieber »mein Gott«? - das wäre doch die Chance gewesen! Die Leute waren so weit, die Brotvermehrung, wo du auf so beeindruckende Weise für so viele Menschen gesorgt hast hat sie überzeugt. Sie trauten dir noch mehr zu, viel mehr.
- Hättest Du nicht die Vorherrschaft der Römer brechen können, damit Israel wieder selbstbestimmt leben kann?
- Hättest Du nicht die Macht der Armeen durchbrechen können, damit die Menschen wieder angstfreier leben können?
- Hättest Du nicht die Macht des Geldes abschaffen können, damit jeder genug zum Leben hat und nicht mehr das Geld die Welt regiert?
- Hättest Du nicht all die Fanatiker in die Schranken weisen können, die Menschen mit Gewalt auf ihre verrückten Ideen verpflichten wollen?
- Und ich hätte da noch eine Reihe weiterer kleiner und großer Dinge, die unbedingt zu erledigen gewesen wären!
Und Du, Mensch Jesus, oder doch lieber »mein Gott«?! Du ziehst dich wieder zurück, wie schon öfter, wenn Menschen dir so sehr auf den Leib rücken, dass du selber den Kopf und das Herz zu verlieren drohtest, wenn sie nur fordern und dich zum Medium ihrer Wünsche machen wollten. - Ich übrings auch. Aber es wäre doch alles so schön gewesen.
Warum das ganze?
Und warum das ganze, Mensch Jesus, oder doch »lieber Gott«? Was ist für uns daran wichtig? Was hat das zu bedeuten?
Vielleicht ist es die Antwort des Phillipus auf deine Frage: Wo sollen wir Brot kaufen? Und die fast schon resignierende Antwort: Für zweihundert Dinare Brot, das wird niemals reichen. Eine Antwort, die nichts anderes heißt als: Was soll ich mit meinen Möglichkeiten schon machen? Davon habe ich doch keine Ahnung, dass können andere besser! Dafür bin ich nicht verantwortlich, darum kümmern sich besser die oder der! Ich bin ein viel zu kleines Rädchen im Getriebe!
Und dann, vielleicht kam es dir darauf an, Mensch Jesus, oder doch »lieber Gott«, meldete sich Andreas ganz vorsichtig und wies auf einen kleinen Jungen hin, der fünf Gerstenbote und zwei Fische hatte. Ein kleiner Junge mit ein bisschen Nahrung, kaum der Rede wert, kann oder soll der jetzt etwas retten?
Du nimmst diesen sachten Hinweis, diesen dünnen Faden auf. Fünftausend werden satt! Es bleibt sogar noch etwas über. Du hast nicht schnell mal Manna regnen lassen, damit alle etwas haben, sondern das weitergeführt was Menschen von sich aus an Ideen und Initiative entwickelt haben.
Das Reich Gottes kommt nicht durch uns Menschen, aber wir bauen daran mit
Mensch Jesus, oder doch »lieber Gott«! Ich fange an zu begreifen, du hast uns die Erde, das was auf ihr lebt und ist anvertraut, du hat uns mit Selbstbewusstsein und Kreativität ausgestattet, damit wir wahrnehmen, was ist, Ideen entwickeln und verantwortlich handeln können.
Das Reich Gottes kommt nicht durch uns Menschen, aber wir bauen daran mit. Manchmal hätte ich es gerne anders, nämlich, dass alles schon gut ist, aber du zählst auf jeden von uns, damit es gut wird. Jesus Mensch, oder doch »lieber Gott«!
Bernhard Rathmer, 26.07.2015
Bernhard Rathmer
Wer ernährt die Welt?
(Hans Hütter 2012)
"We feed the world"
"We feed the world - Essen global" - so lautete der Titel eines viel beachteten Dokumentarfilms von Erwin Wagenhofer über die Produktion von Nahrungsmitteln für die Europäische Union. "Wagenhofer durchleuchtet in verschiedenen Abschnitten die unterschiedlichen Formen der weltweit industriell organisierten Rohstoffgewinnung, Produktion, Handel, Transport, Entsorgung und die Benutzung von Gentechnologie durch Lebensmittelkonzerne", fasst Wikipedia den Inhalt des Films zusammen.
Der Autor provoziert zum Nachdenken über die Produktionsbedingungen unserer Lebensmittel und über die Frage, wovon und wie wir uns ernähren. Wo alles herkommt und wie es entstanden ist, interessiert die meisten Menschen nicht mehr, wenn es auf dem Tisch steht. Es soll gut aussehen, gut schmecken und satt machen. Weitergehende Diskussionen würden unseren Appetit stören und vielleicht auch die Gemeinschaft um den Tisch durcheinander bringen. Und wenn dann im Geiste noch alle Platz nähmen, die nichts oder nicht ausreichend zu essen haben, dann würde es wohl den meisten endgültig reichen.
"Wir ernähren die Welt" ist in diesem Zusammenhang eine vollmundige Behauptung, welche die Art und Weise, wie manche Lebensmittel produziert werden, rechtfertigen will und eventuelle moralische Bedenken vom Tisch wischt.
Nahrung für den Leib und den Geist
Das Evangelium erzählt uns heute von einem Zeichen, das Jesus ganz bewusst gesetzt hat. Er war sich bewusst, was es bedeutete, wenn so viele Menschen ihm folgten und ihn hören wollten. Irgendwann taucht da die Frage auf, wovon leben die, woher sollen die vielen, die da zusammengekommen sind, zu essen bekommen. Wie man es dreht und wendet, das geht sich nicht aus. Tausende Menschen gleichzeitig zu verpflegen, ist eine große Herausforderung für jeden Veranstalter und muss gut durchdacht sein, wenn der Event nicht in einem Desaster enden soll.
Jesus geht es aber um eine noch viel grundsätzlichere Frage: Was nährt diese Menschen? Wer kann ihnen ausreichend geben, was sie zum Leben brauchen? Die rhetorische Frage Jesu an Philippus "Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?", macht gleich von Anfang an klar, dass es hier nicht um ein organisatorisches oder logistisches Problem geht. Ihm geht es um mehr.
Nahrung für das ganze Volk Gottes
Die Vielschichtigkeit dieser Erzählung kommt vor allem auch in der Zahlensymbolik zum Ausdruck. Die fünf Brote können als Hinweis auf die 5 Bücher der Thora, die sog. 5 Bücher Mose, verstanden werden. Die zwei Fische können als Hinweis auf die traditionelle Formel "Gesetz und Propheten" (später wurden sie manchmal auch als Altes und Neues Testament gedeutet) verstanden werden. Auch nicht überhören dürfen wir den Hinweis, dass ein kleines Kind dies unter die Leute bringen kann. Das unscheinbare Bisschen entfaltet seine Kraft, wenn es miteinander geteilt wird. In der Hand Jesu und durch das Wirken Jesu wird die zunächst gering geschätzte Gabe Gottes, das Wort Gottes, zur Nahrung für die vielen; für alle, die dieses Geschenk Gottes annehmen. Was übrig bleibt, füllt zwölf Körbe. D.h. es reicht für das ganze Volk Gottes, für alle zwölf Stämme des Volkes Gottes.
Offensichtlich gibt es Parallelen zwischen dem Umgang mit unserer geistigen Nahrung und dem Umgang mit unserer leiblichen Nahrung.
Mit dem Zeichen der Brotvermehrung erdet Jesus sein langes Reden zu den Menschen über alles, was sie bewegt. Irgendwann muss jede fromme Rede auch konkret werden in einem entsprechenden Leben, handfest in etwas Essbarem. Umgekehrt können wir die Lösung von grundlegenden Lebensproblemen wie die Frage der Ernährung nicht abspalten vom Fragen nach dem Sinn und dem Wert des Ganzen.
Wer nährt die Welt?
Die Ernährung der Welt ist nicht in erster Linie eine Frage der Organisation und der Logistik, sondern eine Frage des Wollens und der Solidarität. Als ich in den Sechzigerjahren das Gymnasium besuchte, diskutierten wir angesichts der vielen hungernden und verhungernden Menschen auf der ganzen Welt heftig darüber, ob es jemals möglich sei, ausreichend Lebensmittel für so viele Menschen zu produzieren. Inzwischen ist die Weltbevölkerung auf mehr als das Doppelte angewachsen. Die Probleme sind die gleichen geblieben. Den meisten Menschen ist aber mittlerweile klar geworden, dass es weniger eine Frage des Könnens als vielmehr des Wollens ist, ob alle Menschen genug Nahrung finden. Hinzugekommen ist ein kritischeres Bewusstsein hinsichtlich der Qualität unserer Nahrung. Ein Zusammenhang zwischen der Qualität der Lebensmittel und der Geisteshaltung, aus der heraus sie produziert werden, wird immer greifbarer.
Die Fragen, was nährt uns, wer nährt uns und wovon ernähren wir uns, bleiben existentielle Grundfragen, auch wenn wir an unseren reichlich gedeckten Tischen darüber nicht gerne nachdenken. Die Geisteshaltung, mit der wir an diese Fragen herangehen, wird schlussendlich auch die Qualität unseres Lebens maßgeblich mitbestimmen.
Dank dem Schöpfer
Das Tischgebet ist in manchen Familien und Lebensgemeinschaften zu einer lästigen Pflicht geworden. Manche haben es stillschweigend aussterben lassen - Gründe und Ausreden kann man dafür genügend finden. Wo es jedoch gepflegt wird, erinnert es an den Schöpfer des Lebens, an den Geschenkcharakter unserer Lebensmittel - auch wenn wir sie reichlich bezahlen müssen und gutes Essen viel Arbeit kostet -, an die Tatsache, dass wir nicht allein vom Brot leben, und nicht zuletzt an die Herausforderung zur Solidarität mit allen, die nicht wissen, wie sie einigermaßen satt werden können.
Jesus hat mit der Brotvermehrung ein Zeichen gesetzt, um bewusst zu machen, wer uns nährt und was uns nährt. Setzen auch wir immer wieder Zeichen, um diese großen Zusammenhänge nicht aus dem Bewusstsein zu verlieren.
Mag. theol. Pater Hans Hütter, 29.07.2012
Mag. theol. Pater Hans Hütter

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Dankbar für die Gaben Gottes
(Klemens Nodewald 2012)
Gott gibt reichlich
Einen Bericht über die wunderbare Brotvermehrung findet sich bei allen vier Evangelisten. Die Wirkung des Wunders ist jedes Mal die gleiche: Es werden nicht nur eine Vielzahl von Menschen satt; am Ende bleibt noch wesentlich mehr übrig, als am Anfang zur Verfügung stand. Reichlich und überschwänglich gewährt Gott, soll uns vermittelt werden.
Wenn sich in diesem Punkt die Evangelien auch gleichen, so unterscheiden sie sich in den Absichten und Zielen, die die jeweiligen Evangelisten mit ihren Berichten verfolgen. In Abweichung zu Matthäus, Markus und Lukas erwähnt Johannes z.B.: "Das Pascha-Fest war nahe". Und im Johannesevangelium treten nicht die Jünger an Jesus heran, um ihn zum Handeln aufzufordern, sondern Jesus selbst ist es, der die Initiative ergreift.
Die Nähe des bevorstehenden Pasch-Festes erinnerte viele Juden an das erste Pascha, das Israel vor dem Auszug aus Ägypten gefeiert hatte. Der anschließende Weg durch die Wüste ins gelobte Land wurde nur möglich, weil Jahwe sein Volk vor dem Verhungern dadurch bewahrte, dass er ihm Manna zur Speise gab. Das Bemühen Gottes um das Heil und Wohl der Menschen, das Israel in der Wüste sehr hautnah erleben durfte, setzte Gott fort. Dies wurde besonders sichtbar und spürbar beim Einzug ins gelobte Land, beim Zusammenschluss der zwölf Stämme zu einer engen Gemeinschaft unter David, beim Aufblühen der Opferkultes und der Gottesdienstfeiern nach dem Tempelbau durch Salomo, durch die unerwartete, ganz plötzliche Erlaubnis zur Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft und dem Wiederaufbau des Tempels.
Nicht nur in der Wüste, sondern immer wieder erlebte Israel den Segen und Schutz seines Gottes. Mit besonderer Absicht erwähnt Johannes, dass der Ort, wo man sich befand, mit viel Gras bewachsen war. Auf grüner Aue wird das Brotwunder erlebt. Gott als der Hirte Israel schenkte seinem Volk nicht nur beim Auszug aus Ägypten Zuwendung und Hilfe, sondern er tut es zu allen Zeiten, an allen Orten, in jeder Lebenslage.
Jesus schenkt im Überfluss
Diese reich erfahrene, sich durchhaltende Fürsorge Gottes wird noch einmal überhöht durch die Sendung seines Sohnes in die Welt. Als Sohn Gottes will sich Jesus den Menschen offenbaren und kundtun. Darum ergreift er die Initiative "denn er wusste, was er tun wollte". Er spricht das Segensgebet über die wenigen vorhandenen Brote und übernimmt im Gegensatz zu den anderen Evangelien selbst das Austeilen. Jeder kann von ihm so viel bekommen, wie er haben möchte. Im Überfluss schenkt Jesus. Und beim Einsammeln der übrig gebliebenen Stücke füllen sich noch zwölf Körbe. Die Zahl zwölf ist ein Symbol für die zwölf Stämme Israels. Die Gesättigten sollen erkennen: Nicht nur sie, die im Augenblick Anwesenden, sind in das überschwängliche Heilshandeln Gottes und Jesu einbezogen, sondern das ganze Volk. Jesus handelt wie Gott. Er gibt reichlich und allen. Dieses im Wesen eins Sein mit Gott und ihm Gleichen, soll den Menschen die Augen öffnen für das wahre Wesen Jesu als Sohn Gottes.
Jesus bleibt unverstanden
Johannes berichtet nun weiter, wie die Menschen damals Jesu Zeichen in seiner Tiefe nicht verstehen. Sie erkennen in Jesus noch nicht den Christus, den Sohn Gottes. Eher sehen sie in ihm den verheißenen endzeitlichen Propheten. Dieser würde, nach den Glaubensvorstellungen der damaligen Zeit, die Wunder der Wüstenwanderung wiederholen und noch überbieten. Dies hatten sie in Jesus erlebt, der in der Speisung von 5.000 Männern, die Frauen und Kinder gar nicht erst gezählt, das Brotwunder des Elischa, von dem wir in der Lesung hörten, regelrecht in den Schatten stellte.
Für die Anwesenden, die ja noch keine Kenntnisse vom Tod und der Auferstehung Jesu hatten, war das Erkennen des wahren Wesens Jesu wohl noch nicht möglich. Für sie und ihre Vorstellungen war Jesus der verheißene Endzeitprophet. Von der Richtigkeit dieser Sichtweise waren sie fest überzeugt. Jesus zum König zu machen, darin sahen sie ihr Heil für die Zukunft. Jesus spürt, wie hier ein falscher Weg eingeschlagen werden soll. Nicht um König zu werden, ist er in die Welt gekommen. Damit sich ihre Vorstellungen über ihn nicht in die falsche Richtung vertiefen, entzieht sich Jesus ihrem Zugriff und geht in die Stille. Aber er spürt auch, dass noch sehr viel an Überzeugungsarbeit auf ihn wartet, um die Menschen an sein wahres Wesen heran zu führen.
Mehr als ein Prophet
In den weiteren Kapiteln seines Evangeliums berichtet Johannes von den erneuten Bemühungen Jesu, sich den Menschen in seinem wahren Wesen zu offenbaren. Johannes überliefert die Argumente Jesu, damit sich alle überzeugen können, dass in Jesus mehr als nur ein Prophet erschienen ist. Er ist der Messias, der Sohn Gottes, der Heilbringer, der uns Menschen mehr gewähren will als das tägliche Brot oder ein relativ sorgenloses Leben in dieser Welt, das sich die erhofften, die das Brotwunder erlebt hatten.
Wir, die wir hier anwesend sind, sind gegenüber den Menschen von damals im Vorteil. Wir kennen Jesu Leben als ganzes. Besonders durch die Auferstehung Jesu ist es uns leicht gemacht, an seine Göttlichkeit glauben zu können.
Anstelle des jüdischen Pascha feiern wir Christen die Eucharistie, in der wir immer neu Gott Dank sagen können für seine Gnaden und Wohltaten, die er uns Menschen bis auf den heutigen Tag zuteilwerden lässt und auch in Zukunft gewähren will. Im heiligen Brot schenkt Christus sich uns selbst und im Alltag teilt er seine Güte und Liebe, seine Hilfe und seinen Beistand reichlich an uns aus, ganz gleich, ob wir gerade ein Stück durch Dürre und Wüste gehen oder auf grüner Aue leben. Jeder darf jederzeit von Gottes Gaben so viel nehmen, wie er möchte.
An den Umfang der Gnade Gottes sollten wir uns unter Dank und Lobpreis oft erinnern und uns Jesus nähern als dem, der uns als Sohn Gottes durchs Leben begleiten und führen will, damit wir das Heil erlangen, das er uns als unser Erlöser erworben hat.
Pater Klemens Nodewald, 29.07.2012
Pater Klemens Nodewald

Anmerkung der Redaktion: Leider gestattet uns der Echter Verlag keine Zitate aus Büchern, die im Echter Verlag erschienen sind, auch nicht aus Büchern von P. Klemens Nodewald.
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Wer vermehrt HEUTE die Brote?
(Sozialreferat der Diözese Linz 2012)
Zwei Erzählungen, durch Jahrhunderte geschichtlich voneinander getrennt, befassen sich mit demselben Thema: Der Verantwortung zu teilen und die Hungrigen zu speisen.
Am Anfang stehen die gleichen Fragen: Wie soll denn das möglich sein, so viele hungrige Menschen mit so wenig Brot zu speisen? Da werden doch niemals alle satt. Sollen wir überhaupt damit beginnen? Oder wäre es nicht klüger gleich zuzugeben, dass wir nicht genug haben um sinnvoll helfen können und die Menschen sich selbst überlassen?
Die Reaktion von Elischa und Jesus darauf fällt ganz anders aus als man es wahrscheinlich logisch erwarten würde. Es gibt keine langen Diskussionen sondern die klare Anweisung: Teilt das aus, was vorhanden ist! Wohl mit Kopfschütteln werden die Angesprochenen sich daran gemacht haben, diese Anweisung zu befolgen. Entgegen jeder Logik und jedem Hausverstand. Umso verblüffender das Ergebnis der Aktion. Es werden alle satt, ja es bleibt sogar noch viel übrig. Ein Wunder?
Sicher ein Wunder, die Frage ist allerdings, was das Wunderbare daran war? War es wirklich eine Brotvermehrung sozusagen von Zauberhand? Oder geht um etwas ganz Anderes? Wahrscheinlicher ist, dass das Beispiel von Elischa und von Jesus - konkret zu handeln und einfach zu teilen - ansteckend war. Menschen begannen das wenige Essen, das sie selbst hatten, mit ihren Nächsten zu teilen. Und da zeigte sich, dass mehr als genug für alle vorhanden war.
In den beiden beeindruckenden Schriftstellen finden sich einige Kernaussagen, die für unser Leben große Bedeutung haben können: Wir sind dazu gerufen zu handeln, wenn wir Menschen begegnen, die unsere Hilfe brauchen. Zeitgemäß hinzugefügt: Auch wenn diese Menschen weit entfernt von uns leben. Teilen ist ein Schlüssel für gute Lebenschancen für alle Menschen. Teilen führt uns zusammen und bedeutet letztlich mehr Lebensqualität für alle.
Brotvermehrung ist eigentlich kein Kunststück, wir müssen es nur wollen und damit beginnen. In einer größeren Perspektive hat Mahatma Gandhi es einmal so benannt: "Die Erde hat genug für die Bedürfnisse eines jeden Menschen, aber nicht für seine Gier." Positiv drückt es Jesus mit den Worten aus: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Mk 12,31).
© Josef Geissler, Caritas für Menschen in Not, Auslandshilfe
Sozialreferat der Diözese Linz, 29.07.2012
In Freiheit gläubig leben
(Bernhard Rathmer 2012)
Macht Religion Angst?
Macht Religion Angst? Oder machen auch religiöse Menschen anderen Menschen Angst? Geht in Deutschland oder in Europa das Schreckgespenst Religion um, von dem man sich fern halten muss? Fragen, die in der vorletzten Woche die Wochenzeitschrift "Die Zeit" stellte.
Die Zeit belegte Ihre Frage oder ihre Vermutung mit sehr klaren gesellschaftlichen Ereignissen der letzen Jahre. Das Kruzifix-Urteil der Bundesverfassungsgerichtes. Eltern klagten gegen Kreuze in Schulzimmern, weil sie befürchteten, dass ihre Kinder religiös negativ vereinnahmt wurden, die Verhandlungen über Kopftuch tragende Lehrerinnen in Schulen, oder auch jüngst das Beschneidungsurteil eines Kölner Gerichtes, in dem die Beschneidung eines Jungen als Körperverletzung eingestuft wurde. Gerichte beschäftigen sich immer mehr mit Ausdruckformen religiösen Lebens und Kläger versuchen solche Zeichen religiösen Lebens aus dem öffentlichen Leben fernzuhalten.
Macht Religion, oder machen religiöse Menschen anderen Angst, weil Menschen befürchten in ihre Fänge zu geraten oder negativ von ihnen beeinflusst zu werden?
Berechtigte Ängste
Zunächst war ich geneigt, diese Frage weit von mir zu weisen, aber dann! Wenn ich die Machenschaften der Scientoligie-Kirche sehe, wo Menschen systematisch in ihrer gesamten Persönlichkeit verändert werden und dies mit einer großen wirtschaftlichen Macht einhergeht, die auf allen Ebenen Einfluss nimmt, dann ist das kriminell! Wenn muslimische Selbstmordattentäter sich und andere in die Luft sprengen, dann ist das ebenfalls kriminell! Wenn konservative Juden am Sabbat Autos mit Steinen bewerfen weil sie den Sabbat geschändet sehen oder Siedler andere bedrohen, dann stört dies massiv das friedliche Zusammenleben der Menschen! Wenn Mitglieder der Piusbruderschaft, die sich als katholische bezeichnen, Menschen die anders glauben, denken und leben, massiv beschimpfen, ihnen das Recht auf ihre Art zu leben absprechen und dies, wenn sie könnten, am liebsten sanktionieren würden oder auch den Holocaust leugnen, dann ist dies für mich ebenfalls kriminell! Und was zurzeit unter dem Stichwort "Vatileaks" im Vatikan geschieht ist wahrhaft keine Ruhmestat unserer Kirche.
Ein anderes Gesicht von Religion
Doch ist dies der Kern des Christentums, des Judentums oder des Islam? - Das heutige Evangelium weißt auf etwas ganz anderes hin, das den Kern des Religiösen anspricht: Dort kommen Menschen zusammen, weil sie ihre eigene Not und Bedürftigkeit sehen und weil sie spüren, da ist jemand, der hat etwas zu sagen und der spricht uns an und der kümmert sich. Und ich lese keine einzige Bedingung, die Jesus stellt, damit Menschen zu ihm kommen dürfen oder die sie erfüllen müssen bevor sie etwas zu essen bekommen. Keine, weder in ihrer persönlichen Lebensführung noch in ihrem religiösen Engagement.
Es werden sehr verschiedene Menschen sein, die hier zusammen gekommen sind mit ganz unterschiedlichen persönlichen Erlebnissen und Denkweisen. Doch sie finden sich zusammen und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht auch miteinander ins Gespräch gekommen sind, 5.000 kommen nicht einfach so zusammen. So geschieht Verkündigung und erschließt sich Sinn. Und sie reden nicht nur, sie essen zusammen, sie beginnen zu teilen, weil ein Kind anfängt das herzugeben, was es hat, fünf Gerstenbrote und zwei Fische. So nehmen sich Menschen gegenseitig wahr und helfen einander. Und sie beginnen zu spüren, dass das alles nicht einfach aus sich selbst heraus geschieht sondern da wo Menschen sich in gegenseitiger Achtung begegnen Gott im Spiel ist. Jesus spricht das Dankgebet. So wird Eucharistie gefeiert.
An diesen einfachen Maßstäben der gegenseitigen Achtung, durch die der eine auf den anderen hört und ihm erzählt was ihn umtreibt, er die Not sieht und hilft und er Gott dankt für das Geschenk des Lebens, muss sich jede Religion und jeder religiöse Menschen messen lassen.
Kritische Anfragen
Auf eine gesellschaftliche Ebene transformiert müssen sich Religionen fragen lassen: Wie hältst Du es mit dem Verzicht auf Gewalt? Wie mit der Anerkennung anderer Religionen und Weltanschauungen? Wie steht es um deine Bereitschaft zur kritischen Selbstreflexion und auch zur Selbstbegrenzung aus? Die Trennung von Staat und Kirche ist eine große gesellschaftliche und religiöse Errungenschaft.
Muslime verweisen ausdrücklich darauf, dass Gewalt und Zwang in der Religion nichts zu suchen haben, wenn es im Koran Sure 2:256 heißt: "In der Religion gibt es keinen Zwang." Die katholische Kirche hat sich auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil aus theologischen Gründen ausdrücklich zur Religionsfreiheit bekannt und die Bedeutung anderer Religionen anerkannt. Und das Fundament der jüdischen Religion, das ebenso das Fundamt des Christentum und des Islam ist, ist die Freiheit. Gott führt sein Volk aus der Sklaverei in die Freiheit und er tut dies nicht um die Menschen seiner Bevormundung zu unterwerfen.
Gläubige, die aus dieser von Gott geschenkten Freiheit heraus leben, befürworten auch säkulare, plurale und freiheitliche Staaten und Gesellschaften, in denen Menschen so glauben und leben können, wie sie es für richtig halten. Freilich ohne einem anderen oder der Gesellschaft Schaden zuzufügen.
Bernhard Rathmer, 29.07.2012
Ein Berg, eine Einöde und fünf Brote
(Manfred Wussow 2009)
Dass große Geschichten so klein anfangen! Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische...
Auf einmal geraten wir, mehr oder weniger zufällig, in eine Geschichte, die uns nicht loslassen wird. So weit das Auge reicht - Köpfe bis an den Horizont. Immerhin waren es - für die Statistik - 5000 Männer plus Frauen plus Kinder plus Enkel. Also, ein Open Air Festival - nur: überhaupt nicht vorbereitet. Johannes deutet auch nur an, dass die vielen Menschen von den Zeichen Jesu überwältigt waren und ihn nicht aus den Augen lassen. Mich faszinieren die Menschen, die Jesus nachlaufen, ohne nachzudenken, Folgen abzuwägen, Risiken auszuschließen. Ob sie neugierig sind? Sensationslustig? Oder einfach nur hungrig nach - Leben?
Ich hungere doch auch nach Leben, ich möchte hören, was mich aufrichtet, ich möchte die vielen Stellen überbrücken, die mir wie Löcher oder Abgründe in meinem Leben vorkommen.
Eugen Roth hat in einem Gedicht geschrieben:
"Ein Mensch gelangt, mit Müh und Not
von Nichts zum ersten Stückchen Brot.
Vom Brot zur Wurst geht's dann schon besser:
Der Mensch entwickelt sich zum Fresser
Und sitzt nun, scheinbar ohne Kummer
Als reicher Mann bei Sekt und Hummer.
Doch sieh, zu Ende ist die Leiter:
Von Hummer aus geht's nicht mehr weiter.
Beim Brot, so meint er, war das Glück.
Doch findet es nicht mehr zurück."
Ich sehe Jesus, von seinen Jüngern umringt. Er wird den Menschen ein Zeichen geben, dass sie bei ihm satt werden, das Leben finden, sogar Gottes Reich zu Gesicht bekommen. Jene Fülle, von der schon die Propheten zu reden wussten. Auch wenn es nur Brot sein wird - und Fisch: Hier werden Menschen zurückfinden!
Die Jünger aber sehe ich mit leeren Geldbörsen hantieren, Ideen entwickeln und verwerfen - sehr sympathisch und eben auch vertraut. Die Ratlosigkeit, eine Situation zu retten, kenne ich. Wenn es nur Ratlosigkeit wäre - ich bin machtlos. So höre ich Andreas sagen: Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Nicht viel mehr als "nichts". Aber eben doch: mehr als "nichts".
Was nicht alle sehen
Wo so viele Leute zusammen sind, liegen Töne, Wortfetzen, Murmellaute in der Luft. Was die Menschen sich erzählen, sind Geschichten aus ihrem Leben. Von Kindern, Krankheiten, Arbeit, von Reibereien, Streitigkeiten und Zerwürfnissen, von Plänen und Enttäuschungen. In einer so großen Gruppe können Menschen sogar einsam sein, unverstanden, stehen gelassen. Das ganze Leben spielt sich hier ab. Wie in einem Spiegel.
Johannes, der die Geschichte erzählt, lenkt aber alle Blicke auf die Mitte. Was die Leute nicht hören - der Evangelist erzählt es. Lasst die Leute sich lagern, sagt Jesus zu seinen Jüngern. Ich sehe sie durch die Reihen gehen. Ich sehe auch die erwartungsvollen Blicke. Was in der Mitte anfängt, geht von Reihe zu Reihe, wird unter den Menschen geteilt, weitergegeben, kommt scheinbar aus nicht versiegender Quelle. Jesus hatte die Brote - des Kindes - , in die Hand genommen, über sie das Dankgebet gesprochen und sie dann weitergegeben. Diese Worte reichen.
Spielen wir Zuschauer, fühlen wir uns in eine unwirkliche Situation versetzt - setzen wir uns dazu, geht das Brot durch unsere Hände.
Ein Kind, fünf Gerstenbrote und ganz viel Volk - satt geworden sind alle - am Ende 12 Körbe mit Resten. Fein säuberlich aufgelesen, zurückgegeben. Es bleibt mehr übrig, als überhaupt da war! Die 12 Körbe stehen - wie die Menschenmenge - für den Überfluss, für den überfließenden Reichtum, der aus der Hand Gottes kommt. Sie sind auch Vorschuss auf die Zukunft. Ein gutes Zeichen für kommende Zeiten.
Vorschuss auf kommende Zeiten
Mit Mangel machen wir als Menschen bemerkenswerte Entdeckungen. Eine ist, gerade dann viel zu haben, auch viel zu verschenken, viel zu bekommen, wenn - eigentlich - nichts zu verteilen ist. Die Erfahrung, reich zu sein, hat weder mit Geld noch mit Einfluss zu tun. Aber viel mit Nähe, Gemeinschaft, Durchhaltevermögen. Wenn das Evangelium von Brot redet, ist diese elementare Entdeckung gemeint: Letztlich genügt ein Stückchen Brot, um das Leben zu schmecken. Ältere Menschen wissen aus den "schlechten Zeiten" Geschichten zu erzählen, in denen der Mangel nicht verklärt, aber verwandelt wird. Ich höre ihnen immer gerne zu. Sie halten eine Erinnerung wach, die im Überfluss untergeht. Das Stückchen Brot hält den Platz für den Himmel frei.
Für schöngefärbte Nostalgie eignet sich das Evangelium gleichwohl nicht. Das Stückchen Brot hält auch eine Sehnsucht wach: die Sehnsucht, genug zu haben. Und - am Leben teilzuhaben! Viele Menschen kommen heute nur noch über die Runden, aber ihren Kindern können sie nicht einmal mehr Schulausflüge oder warme Mahlzeiten ermöglichen. Es reicht vorne und hinten nicht. Wenn aber in einem reichen Land, in dem treuhänderisch zu verwaltendes Vermögen ungestraft aufs Spiel gesetzt werden kann - sogar mit Boni und Pensionsansprüchen für die Täter in Nadelstreifen -, immer mehr Kinder verarmen, wird das Stückchen Brot zu einem Mahnmal, zu einem Aufschrei.
Johannes hat auch alles vermieden, dass wir den Ort auf einer Karte identifizieren können - der Ort, an dem das Brot unter den Händen, wenn es geteilt wird, wächst, liegt vor der Haustür. Das Evangelium könnte meine Haus-Nr. bekommen - noch weiß ich nicht, ob ich mich darüber freue.
Erinnerungen
Das Evangelium hat eine Vorläufergeschichte. Sie spielt in der Wüste. Damals waren Menschen unterwegs. Ihr Ziel war das gelobte Land. Die Knechtschaft - Ägypten - lag hinter ihnen. Frohgemut waren sie aufgebrochen, die Schritte federten noch, ihr Ziel stand unverrückt fest. Aber dann zog sich alles hin, der Weg wurde beschwerlich, die Wüste immer größer - die alte Geschichte erzählt, wie die Menschen sich lagern sollen und zur Ruhe kommen. Gott richtet ihnen ein Fest aus! Die Wüstenzeit wird danach nicht mehr die sein, die sie vorher war. Die Wüstengeschichten verwandeln sich in Aufbruchsgeschichten - Geschichten, die von Freiwerden, von Freimachen, von Freiheit erzählen.
Ob Johannes so weit zurückdachte, als er sich daran machte, die Geschichte aufzuschreiben, in der Jesus die Brote nahm, dankte und sie denen gab, die ihn umringten?
Die alten Ausleger haben beobachtet, dass diese Geschichte auf die Eucharistie hinführt - oder auch von ihr herkommt. "Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen." Der Wortlaut der Einsetzung schimmert durch - und erobert sich die Geschichte. Sie erzählt von Leben im Überfluss - für Menschen, die mit ihren kleinen Hoffnungen den großen Erwartungen hinter her laufen. In der Präfation - der Vorrede zum Mahl, die mit dem Lobpreis endet - werden die großen Taten Gottes erzählt. Er gibt sein Wort darauf, für die Menschen da zu sein - sein Wort kommt auch nicht leer zurück. Zwölf Körbe - was für ein Überfluss!
Sursum corda
"Aber was ist das für so viele". Mit Blick in seine Geldbörse schreckt Philippus zurück. Wir fragen nach unseren Ressourcen. In vielen Bereichen sind die Kassen leer, das Geld knapp. Wir fürchten um die Vorräte. Am Stammtisch wird ängstlich verteidigt, was "wir" haben, unter Kollegen wird Ausländern die Schuld gegeben, dass Arbeitsplätze und Renten nicht reichen, in Hausfluren werden Vorurteile geteilt. Andere Menschen, und besonders die, die anders sind, werden abgeschrieben. Das ist dann der Stoff, aus dem die Resignation, die Angst - und auch der Hass - maßgeschneidert werden
Johannes führt uns von den Ressourcen - und den variierenden Bewertungen zum Tageskurs - auf eine ganz andere Spur: Nimm das, was du hast, danke - und teile es. Wir werden ein Wunder erleben. Kein blaues. Verhalten und unaufdringlich entdecken wir: Wir haben genug. Wir bekommen mehr, als wir hatten.
An der Stelle nimmt das Evangelium unseren Rechenkünsten, Abwägungen und Bedenken die Luft aus den Segeln, die Rauchschwaden vom Stammtisch, die trübe Stimmung von den Gemütern - und lässt Jesu Wort eine Kraft entfalten, die alles verwandelt, was wir haben.
Früher begann die Eucharistie mit dem Ruf: Sursum corda - Empor die Herzen! Was aus 5 Broten und 2 Fischen wird - es ist nicht zu fassen: Sursum corda!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne,
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Manfred Wussow, 26.07.2009
Manfred Wussow
Aus wenig wird viel - ein Zeichen für Gottes Reich
(Elisabeth Matthay 2009)
Wir alle kennen das sprichwörtliche halbe Glas Wasser und die dazugehörige Frage: Ist es nun halb voll oder halb leer? Ansichtssache, so meinen wir. Für die Optimisten ist es noch halb voll, für die Pessimisten schon halb leer. Es kommt darauf an, ob ich meinen Blick auf das Vorhandene oder das Nichtvorhandene richte. Eine mir bekannte Dame meinte einmal zu diesem Bild: "Und je nachdem, wie man auf das halb
v o l l e Glas schaut, füllt es sich sogar auf einmal weiter an."
Diese bemerkenswerte Erkenntnis scheint mir in einem inneren Zusammenhang zu stehen zu dem Ereignis, das im heutigen Evangelium berichtet wird. Denn auch hier geht es ja darum, dass aus wenig viel wird; dass sich die (Mengen-)Verhältnisse umkehren: Fünftausend Männer werden von fünf Gerstenbroten und zwei Fischen satt, und es bleiben noch zwölf Körbe mit Brot übrig! Ein göttliches Mirakel? Der wirkmächtige Zaubertrick eines "Deus ex machina"?
Johannes gebraucht für derlei aufsehenerregende Taten Jesu das unspektakuläre Wort "Zeichen". Ein Zeichen weist immer über sich hinaus, es macht aufmerksam auf eine - verborgene, verkannte, übersehene - Wirklichkeit, bleibt aber immer hinter dieser zurück. Für welche Wirklichkeit steht denn dann das Zeichen der Brotvermehrung, das Jesus hier setzt? Allgemein gesprochen, weist es auf das Reich Gottes hin; es offenbart etwas von der Beschaffenheit dieses Reiches, und zwar etwas sehr Konkretes. Sehen wir einmal genauer hin:
Gottes Reich: Ein Reich der Geduld, der Großmut und der Fürsorglichkeit
Der Ruf Jesu als Krankenheiler bewirkt, dass die Menschen so zahlreich zu ihm strömen, dass er sich ihnen zu entziehen versucht - er geht "an das andere Ufer", er steigt "auf den Berg". Doch er kann gehen, wohin er will, die Menschen folgen ihm. Werden sie ihm lästig, gehen sie ihm auf die Nerven, wird er ungehalten oder unwirsch ob ihrer Penetranz? Weist er seine Leute an, sie wegzuscheuchen? Nein! Er nimmt nur wahr, dass diese vielen Menschen etwas zu essen brauchen.
Versuchen wir das mal in unsere heutige Zeit zu übertragen. Da nehmen Fans stundenlange Wartezeiten auf sich, schlagen sich die Nacht um die Ohren, nur um ihr Idol zu sehen. Würde irgendein Star auch nur im entferntesten auf die Idee kommen zu fragen, ob denn die Grundbedürfnisse dieser Leute gestillt sind? Der Vergleich zeigt, wie anders der Umgang Jesu mit den Menschen ist: Er sieht von sich ab, nimmt s i e in den Blick, er sieht ihre Bedürfnisse, noch ehe sie selbst diese artikuliert haben, er fühlt sich für ihr Wohlergehen verantwortlich, wie man es sonst nur bei liebevollen Eltern ihren Kindern gegenüber findet. Großmut und Fürsorglichkeit sind offenbar erste Kennzeichen des Reiches Gottes.
Gottes Reich: Ein Reich des Vertrauens und Glaubens
Doch nun stellt sich Ratlosigkeit bei den Jüngern Jesu ein. Philippus: "Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll." Andreas: "Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!" Nach Einschätzung der Jünger, nach Maßgabe des "gesunden Menschenverstands" ist dem Versorgungsengpass logistisch nicht abzuhelfen. Man kann rechnen, wie man will, Geld und vorhandene Naturalien reichen hinten und vorne nicht aus, um die Leute satt zu kriegen. Jesu Frage "Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?" stellt sich also eigentlich gar nicht, und das weiß er auch selbst. Johannes merkt dazu gewissermaßen in Klammern an: "Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen". Hat Philippus, haben die Jünger diese Probe bestanden? Es ist eine Probe des Vertrauens.
Vielleicht können wir daraus ein zweites Kennzeichen des Reiches Gottes ableiten: Voraussetzung für das Innewerden dieses Reiches ist offenbar immer eine Engpasssituation, eine aussichtslose Lage, wo der Mensch mit seinen Möglichkeiten am Ende ist. Dann entscheidet es sich: Setzt er die Grenze, die er erfährt, absolut, oder bringt er das Vertrauen auf, dass es trotz dieser Grenzerfahrung für ihn eine Lebensperspektive gibt, ja, dass die Grenze der Ausgangspunkt eines neuen und besseren Weges sein könnte? Das Reich Gottes, das ist der Raum des Vertrauens inmitten aller Bedrängnis, der Raum des Glaubens an eine gute Zukunft, allen Widrigkeiten zum Trotz.
Gottes Reich: Ein Reich des Gebens und der Fülle
Und das Unmögliche geschieht: Jesus nimmt die wenigen Brote und Fische, er nimmt einfach das, was vorhanden ist, nicht mehr und nicht weniger, und teilt es großzügig an die Leute aus. Er rationiert nicht das wenige, das zur Verfügung steht, er verwaltet nicht sorgsam den Mangel, er wählt nicht einige wenige Menschen aus, die am dringendsten der Nahrung bedürfen - so hätten wir uns wahrscheinlich in dieser Situation verhalten, wir, die wir eigentlich fast immer im Gefühl des Mangels leben: zu wenig Geld, zu wenig Zeit, zu wenig Glück... Für Jesus gibt es offenbar keinen Mangel. Er gibt einfach, was er hat, ohne die Frage zu stellen, ob es reicht, ja, ohne überhaupt in Frage zu stellen, dass es reicht. Er gibt mit der Selbstverständlichkeit und inneren Sicherheit desjenigen, der weiß: Es wird genug da sein.
Die Geste des Gebens selbst, die eine Haltung der Losgelöstheit, der Großzügigkeit und Zugewandtheit zur Voraussetzung hat, scheint zu bewirken, dass dem Gebenden die Gabe zuwächst: Wer gibt, dem wird gegeben; nicht im Sinne eines Tauschgeschäftes, sondern als Bestätigung für die Angemessenheit dieser Grundhaltung. Wir alle wissen ja, dass es - so paradox das klingt - ein Geben mit leeren Händen gibt.
Jesus weiß um das Geheimnis, dass nur die leeren Hände sich füllen können, und er lebt es hier auf beeindruckende Weise vor. Das also ist ein weiteres Kennzeichen des Reiches Gottes: Wer dort beheimatet ist, kann unbesorgt geben, ohne sich der Gaben vorab vergewissern, sie wägen und zählen zu müssen - es wird deren genug geben.
Es wird deren sogar m e h r als genug geben! Die Leute im Evangelium bekommen nicht nur, soviel sie b r a u c h e n , sondern soviel sie w o l l e n ! Sie können sich nach Herzenslust laben, und zwar alle ohne Ausnahme. Fast will uns die Situation scheinen wie ein Fest, zu dem alle ohne Ansehen der Person eingeladen sind und wo es ihnen an nichts fehlt. Denn alles ist im Überfluss da: Nachdem alle Anwesenden sich sattgegessen haben, sind sogar noch zwölf Körbe mit Brotstücken übrig!
Dieser Überfluss hat nichts Erstickendes, sondern ist Ausdruck der Fülle und des Reichtums. Er ist ein weiteres Kennzeichen des Reiches Gottes: Gott geht mit seinen guten Gaben geradezu verschwenderisch um, er kann sich nicht genug damit tun, sie den Menschen in Hülle und Fülle zu schenken. Das Reich Gottes ist ein Reich der Fülle - schon das Wort "Reich" deutet ja darauf hin.
Gottes Reich: Ein Reich der Menschenfreundlichkeit
Dieser Wirklichkeit gegenüber ist die einzig angemessene Haltung die der Dankbarkeit. Auch von Jesus heißt es ja im Evangelium, dass er vor dem Austeilen der Gaben das Dankgebet sprach. Wer dankt, erkennt an, dass er etwas bekommt, was nicht selbstverständlich ist - und was ist schon selbstverständlich? Wer dankt, erkennt an, dass ihm unverdient etwas geschenkt wurde, das ihn bereichert. Wer dankt, erkennt an, dass es jemanden gibt, dem er etwas zu verdanken hat. Die Haltung der Dankbarkeit ist in sich also schon so etwas wie ein Gebet; die Haltung der Dankbarkeit bewirkt, dass nicht der Mangel, sondern der Reichtum ins Zentrum meiner Erfahrung rückt. Dankbarkeit drängt danach, sich auszudrücken in Danksagung (nichts anderes heißt das griechische Wort "Eucharistie"!).
Dankbarkeit bedeutet, auch wenn mir das gar nicht bewusst ist, die Anerkennung des Reiches Gottes als eines Reiches der Menschenfreundlichkeit in ihren vielfältigen Ausprägungen, von denen uns das Evangelium einige wichtige vor Augen führt. Und wenn ein Mensch Vertrauen und Dankbarkeit in sich wachsen lässt, dann findet er Zugang zu diesem Reich Gottes. Dann kann es eben auch geschehen, dass ein halb volles Glas sich füllt, füllt bis an den Rand.
Elisabeth Matthay, 26.07.2009
Elisabeth Matthay
Wer gibt, dem vermehrt der Herr die eigenen Gaben
(Bernhard Bossert 2009)
Ein anderer Blick auf die Menschen
Wenn einer nachts am Urlaubsziel ankommt, sieht er nur noch den Eingang des Hauses, die Wohnung, das Zimmer. Am nächsten Morgen kommt dann die Überraschung beim Blick durch das Fenster: Gebirge, ein See, ein Tal, ein Fluss, schöne Bäume. Und wenn ich hinaus gehe aus dem Haus, umgibt mich die neue Landschaft - herrlich und schön.
Wer die Erzählung von der Brotvermehrung hört, denkt sich: kenn ich schon! Jesus macht die Leute satt, die ihn dann zum König machen wollen.
Doch Manches bleibt im Dunkeln. Ich frage mich, warum stellt Jesus den Philippus auf die Probe mit dem Satz: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?
Wir verstehen den Vorgang der Brotvermehrung nicht. Oder wir denken, wie es eine Frau beim Bibelgespräch formulierte: wenn das 5000 Männer waren, ohne die Frauen, dann haben die natürlich nichts zum Essen, weil sie die Sorge dafür den Frauen überlassen.
Um die Erzählung bei Tageslicht betrachten zu können, müssen wir mitbedenken, dass das Paschafest nahe ist. Dem Evangelisten Johannes geht es nicht darum, eine wunderbare Geschichte zu erzählen. Er will etwas Wichtiges über Jesus sagen, etwas, was von der reinen Brotfrage überdeckt werden kann.
Ein anderer Blick auf Jesus
Er zeigt Jesus, der sich im Dankgebet an den Vater wendet und der das Wenige, das ein Kind zu bieten hat, ins Spiel bringt. Als er es austeilen lässt, wird das Unmögliche wahr. So soll spürbar werden, dass Jesu Leben, das ganz im Vater verborgen ist, das Wundersame hervorbringt.
Er will sagen, dass Jesus - wie schon Jahwe beim Wüstenzug das Manna gab für sein Volk, damit es überlebte - jetzt viel souveräner und großartiger Brot gibt, Brot in Überfülle. Dass damit Jesus in der Vollmacht Jahwes lebt, ja dass Jahwe durch ihn gegenwärtig ist.
Die Juden kannten auch die Brotwundergeschichte beim Propheten Elischa. Sie sollten Jesus als den Propheten Jahwes kennenlernen.
Da steht der geheimnisvolle Satz: denn er wusste, was er tun wollte. Ja, er wusste um das Paschafest, um den Karfreitag, da er selber zum Brot wird für die Seinen werden würde, Brot in Überfülle.
Die 12 Körbe verweisen auf die 12 Stämme Israels. Für alle schenkt Jesus Brot, vor allem das Lebensbrot. Tatsächlich, im gleichen Kapitel kommt Jesus auf das Lebensbrot zu sprechen, das der Welt das Leben bringt.
Es geht Jesus natürlich nicht um Konsumangebote für den Leib, fürs tägliche Satt-werden; er will auch nicht ein König sein, der Macht ausübt oder die Leute toll versorgen und abfüttern kann. Er will König am Kreuz sein, der scheiternde König nach außen, der wahre König durch eine totale Liebeshingabe, die Gottes Wirken für uns freisetzt.
Brot für andere werden
Welche Landschaften tun sich für uns auf?
Wir begegnen keinem Jesus, der schnell meine Probleme löst, sondern einem, der will, dass wir uns im Vater verankern, auf ihn ausrichten und uns dem Nächsten zuwenden wie Gott selbst es tut. Jesus befähigt mich, wie Er Brot für andere zu werden.
Bei einem Krankenbesuch erzählte mir eine alte Dame, die den Krieg und die Vertreibung noch mitgemacht hatte, ihre Brot-Erfahrung
Nach der Vertreibung wohnten wir 1945 beim Bauern. Wir litten Hunger. Einmal ging ich mit den Lebensmittelmarken in die Stadt, zu Fuß, ein paar Kilometer, um Brot zu kaufen. Schließlich bekam ich ein kleines Brot.
Ich hatte gehört, dass es am Rand der Ortschaft ein Gefangenenlager gebe. Mein Weg ging dort vorbei. Die Kriegsgefangenen starrten mich an. Plötzlich wusste ich warum: Sie sahen in meiner Hand das Brot. Da konnte ich plötzlich nicht anders: ich nahm das Brot und warf es über den Stacheldraht. Es wurde heißhungrig gegessen. Mit leeren Händen kehrte ich heim. In mir spürte ich eine Stimme, die sagte, dass es richtig war so; doch was sollte ich heimbringen? Nichts?
Als ich den Hof betrat, winkte mir die junge Bäuerin zu. Sie hatte eben gebacken. Sie nahm mich beiseite und drückte mir, ohne dass sie etwas wusste von dem, was ich getan hatte - einen großen Brotlaib in die Hand. Es war gutes Bauernbrot. Damals schrieb sich in mein Herz der Satz: Wer gibt, dem vermehrt der Her die eigenen Gabe.
Pater Bernhard Bossert, 23.07.2009
Pater Bernhard Bossert
